Kolja Reichert in einem Artikel für die FAZ vom 11.04.2017.

Die Eröffnung der Documenta in Athen liegt nun knapp drei Wochen zurück. Zahlreiche Besprechungen der Großausstellung, welche in der Zwischenzeit erschienen sind, stellen dem Chefkurator Adam Szymczyk und seinem Team ein eher mittelmäßiges Zeugnis aus. So zum Beispiel die Süddeutsche Zeitung, für die Kia Vahland vor Ort war. In ihrem Artikel beschreibt die Autorin ein aus ihrer Sicht grundlegendes Paradox der Ausstellung - die Documenta feiere die spezifische Kunst indigener Völker, was jedoch dem ebenfalls beschworenen Universalismus zuwider laufe -  jenes "[...] nackte Allgemeinmenschliche, was eine Einfühlung in fremde Kulturen und Zeiten erlaubt". Eine echte Kommunikation zwischen den Werken stelle sich häufig nicht ein, es herrsche statt dessen "[...] eine große Sprachlosigkeit zwischen den Kulturen."

Eine der wenigen eher positiven Besprechungen der Schau kann man auf artmagazine.cc nachlesen. Raimar Stange würdigt in seiner Ausstellungskritik die dezidiert politische Grundhaltung der Documenta, wobei er besonders Szymczyks Entscheidung begrüßt, bisher marginalisierte künstlerische Ausdrucksformen zu rehabilitieren: "Eben dieses also ist der gemeinsame Nenner aller Artefakte hier: der Anspruch politisch relevant zu sein. Bei dieser kuratorischen Recherche ereignen sich spannende Um- und Aufwertungen bisher im etablierten (westlichen) Kunstbetrieb diskreditierter Kunstformen. Ein Beispiel hierfür ist der sogenannte 'sozialistische Realismus', der auf der Documenta 14 durchaus prominent vertreten ist."

Dass die Documenta auch in der Stadt selbst nicht ganz unumstritten ist, dürfte niemanden überraschen. Vor allem die kaum vorhandenen Verknüpfungen mit der lokalen Kunstszene wurden immer wieder kritisiert. Vor knapp zwei Wochen veröffentlichte zudem eine Künstlergruppe einen offenen Brief, in welchem sie die Ausstellungsmacher dazu aufrief ihre politischen Bekenntnisse ernst zu nehmen und sich konkret gegen die Vertreibung von Künstlern und Flüchtlingen aus Häusern in Athen zu engagieren. Den vollständigen Brief kann man auf Artforum.com nachlesen.

Kritiker Jerry Saltz studierte vor seiner journalistischen Tätigkeit selbst Kunst, brach aber sein Studium ab, von Selbstzweifeln geplagt. In einem ausführlichen Artikel für vulture.com beschreibt er seinen Kampf, welchen er schließlich verlor, und zeigt außerdem Fotos seiner frühen Arbeiten.

Anlässlich einer Konferenz für die hochrangigen Teilnehmer des globalen Kunstmarkts, welche Anfang April in New York statt fand, skizziert die NY Times die aktuellen und kommenden Herausforderungen der art industry. Einer der wichtigsten Punkte: die politischen Unsicherheiten in Amerika und Europa. Sie seien schlecht fürs Geschäft und führten zu konservativem Kaufverhalten der Sammler, welche sich eher für etablierte Marken als für Werke unbekannter Künstler entscheiden würden.

Kunst und Geld - darum dreht sich auch ein Artikel über die Street Art-Wanderausstellung "Magic City", welcher Luise Glum für die TAZ verfasst hat. Sie kritisiert darin die Kommerzialisierung und Domestizierung von urbaner Kunst, welche meist antikapitalistisch sei, auf Missstände hinweise und im Museum einen großen Teil ihrer Kraft einbüße. Interessant an Glums Artikel ist vor allem die Schwarz-Weiß-Malerei: Street Art gut, Kapitalismus böse. Die Autorin feiert die vermeintlich ungebrochene Authentizität jener Straßenkunst auf eine Art, wie sie in der gegenwärtigen Kunstkritik nur noch äußerst selten vorkommt. Dabei bleibt sie blind für die Widersprüche und moralischen Grauzonen, die entstehen, wenn Kunst und Kapital aufeinander treffen.