Psychologe Eric Dammann, zitiert im Observer.

Eine neue Skulptur auf der New Yorker Wall Street sorgt seit einigen Tagen für Aufmerksamkeit – Die Bronze eines kleinen Mädchens wurde direkt vor die berühmte Bullenskulptur platziert, welche für einen stetig wachsenden Aktienmarkt steht. Ihre Körpersprache drückt Unerschrockenheit und Stärke aus; tatsächlich wurde sie von einer Werbeagentur und einer Vermögensverwaltung in Auftrag gegeben und soll anlässlich des Weltfrauentages Firmen dazu auffordern, die Anzahl ihrer weiblichen Führungskräfte zu erhöhen. Jillian Steinhauer hat für Hyperallergic.com eine vernichtende Kritik geschrieben, in der nicht nur die Stifter schlecht wegkommen, sondern auch die Skulptur selbst. Ihr Gegenvorschlag: "You can count the number of public statues of historic women in New York on one hand. How about commissioning some more? What about exhibiting some truly challenging feminist public art? Hell, I wouldn’t even object that much if it were sponsored by a Wall Street corporation. The great thing about art is that it can thrive beyond the circumstances of its creation — but only if it has something substantial to say."

Künstler Gabriel Orozco hat in Mexico City eine Galerieausstellung geschaffen, die einen funktionstüchtigen Supermarkt der Kette OXXO enthält, Personal inklusive. Die fiktionale Währung die dem Besucher am Eingang ausgehändigt wird kann allerdings nicht gegen alle Waren eingetauscht werden – manche sind mit für Orozco typischen Mustern bedruckt, welche schließlich im zweiten Teil der Ausstellung, einem traditionellen Galerie-Showroom, als Skulpturen präsentiert werden und für stolze 30.000 US-Dollar zu haben sind. Kritiker Devon Van Houten Maldonado scheint von dem aufwändigen Kunst & Kapital Spielchen nicht wirklich überzeugt. Auf Hyperallergic.com schreibt er: "Orozco didn’t collapse two markets into one at all: he just emphasized the chasm between the gallery and the convenience store by putting them in the same space. But while the artist sells “first edition” trash from the OXXO for ridiculous sums, average OXXO employees selling the same anti-nutritious food and basic household necessities earn less than $200 USD per month, making it feel like this is yet another joke at the expense of the working class."

Klischees über Künstlerinnen und Künstler und ihre angebliche Anfälligkeit für Geisteskrankheiten sind weit verbreitet: Van Goghs Ohr, Genie und Wahnsinn, man kennt das. Etwas Licht uns Dunkel bringt ein Artikel aus dem Observer, welcher vor allem aus Erfahrungsberichten von Psychologen und Psychiater besteht, die sich auf die Behandlung von Künstler spezialisiert haben. Eine wirklich überraschende These des New Yorker Psychologen Eric Dammann wird bereits ganz zu Beginn angeführt: "Many artists are fearful of therapy, oftentimes because they believe that it will make them normal and they won’t be creative anymore."

Kunst und Wissenschaft, Teil 1:

Das amerikanische Peabody Essex Museum hat eine Kooperation mit Neurowissenschaftlern gestartet und hat, basierend auf deren Erkenntnissen zur Funktionsweise des Gehirns, die Ausstellungen des Hauses grundlegend neu organisiert: "In an effort to build shows that engage the brain, it has tried breaking up exhibition spaces into smaller pieces; posting questions and quotes on the wall, instead of relying only on explanatory wall text; and experimenting with elements like smell and sound in visual exhibitions", so die Beschreibung Jess Bidgoods in ihrem Artikel für die New York Times.

Kunst und Wissenschaft, Teil 2: Ebenfalls in der New York Times berichtet Michael Hoinski von Versuchen, Medizinstudenten mit Hilfe von Kunstbetrachtung und begleitenden Kursen Empathiefähigkeit und einen besseren Zugang zu den eigenen Gefühlen zu vermitteln. Im konkreten Fall geht es um ein Projekt der Dell Medical School in Huston, Texas, dessen Ziele Assistenzdekan Dr. Jonathan MacClements folgendermaßen umschreibt: "One of the things that we’re struggling with in medicine right now is the immense level of burnout. […] The reason why we go into medicine is forgotten. We’ve just become so focused on the day-to-day activities that the human side is sometimes lost. I’m hoping this will help us refind and re-identify within ourselves what made medicine such a special profession."

Anlässlich der aktuellen Retrospektive des deutschstämmigen Fotografen Wolfgang Tillmans im Londoner Museum Tate Modern versucht Jörg Scheller für die Zeit die Gründe für dessen Popularität zu ergründen. Über Tillmans, der nicht nur im Kunstkontext tätig sei, sondern auch für kommerzielle Magazine fotografiere, schreibt er: "Die Pop-Art, die sich ohne Berührungsängste noch den schrillsten und kommerziellsten Facetten des Lebens öffnet, galt noch als Affront gegen den ernsthaften, kritisch gesinnten Modernismus. Tillmans hingegen überschreitet Grenzen, die keine mehr sind." Sein Werk raune: "Hey, wir leben in einer liberalen Zeit, in der alles möglich ist! Just do it!"

Spiegel-Kolumnist Jan Fleischhauer beschäftigt sich häufig mit den Widersprüchen linksliberaler Politik und Lebenspraxis. In seiner aktuellen Kolumne hat er sich die deutsche Kulturlandschaft vorgeknöpft. Anstatt sich den rechten Populisten zu stellen, würde durch Boykott jeder echte Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner aus dem Weg gegangen: "Gerade die Kultur hat sich immer viel darauf eingebildet, unbequem und widerständig zu sein, wie es im Jargon des Kulturbetriebs heißt, ein Ort, an dem Außenseiter die Stimme erheben und dem Justemilieu ordentlich eingeheizt wird. Nun reicht der Auftritt eines Publizisten vom rechten Rand, und den Beteiligten schlottern vor Angst so sehr die Hosen, dass sie lieber die Diskussion verweigern, als gegen den Herausforderer anzutreten." George W. Bush, ehemaliger US-Präsident und Ruheständler, gilt als leidenschaftlicher Maler.

Unter dem Titel "Portraits of Courage" wurde jetzt eine neue Werkgruppe vorgestellt, die Bush als Tribut an amerikanische Kriegsveteranen verstanden wissen möchte. Fox News hat sich mit dem Künstler getroffen und ihn bei einem Rundgang durch die Ausstellung begleitet.

Die Tochter des gegenwärtigen US-Präsidenten Donald Trump trat gerne als Kunstliebhaberin auf. Seit der Wahl ihres Vaters wurde sie von Angehörigen der Kunstwelt auf vielfache Weise dazu aufgefordert, Einfluss auf ihn zu nehmen. Aber auch Drohungen und Schmähungen gegen sie nahmen seither zu. Nate Freeman hat für artnews.com eine aufwändig recherchierte Chronik der Entfremdung zwischen Ivanka Trump und der Kunstwelt verfasst, welche er mit zahlreichen Beispielen illustriert.