Simon Brückner in seinem Essay "Alles umsonst im Netz? - Kreativwirtschaft in der digitalen Zukunft", Deutschlandradio, 26.06.2016.

Ein Essay von Simon Brückner, veröffentlicht auf deutschlandfunk.de als Podcast und PDF, beschäftigt sich mit den Chancen und Problemen der Kultur- und Kreativwirtschaft im digitalen Zeitalter. Vor allem die Ungerechtigkeiten in der Wertschöpfungskette stehen in Brückners Essay im Mittelpunkt: Die Kulturwirtschaft mache sich den Enthusiasmus der Künstler und Denker zu Nutze und beteilige sie kaum am Gewinn. Der Autor schreibt: "Kreativarbeiter glauben im Inneren, dass es uns jung hält, immer wieder am Anfang zu stehen. Das Konzept der Rente zum Beispiel lässt uns im Grunde kalt. Was könnte unkreativer sein, was kündet mehr von Stillstand? Die Existenzangst kommt in Schüben, sie niederzukämpfen macht uns zu Abenteurern. Ein wenig von diesem Freibeutertum werden wir wohl aufgeben müssen, wenn wir etwas verändern wollen. […] Das Mehr an Freiheit in der neuen Arbeitswelt könnte uns tatsächlich befreien, wenn wir der vollständigen Verzweckung unserer Kreativität ebenso widerstehen wie der Versuchung, sie herzuschenken und damit ihrer Entwertung zuzustimmen."

"#DaddyWillSaveUs" lautet der Titel einer der kontroversesten Ausstellungen der letzten Zeit. Die vor einer Woche in New York eröffnete Show unterstützt explizit Donald Trump und seine Kandidatur für das Amt des amerikanischen Präsidenten. Gaby Del Valle von gothamist.com hat sich auf die Eröffnung begeben. Ihr Artikel gibt einen guten Überblick über die ausgestellten Arbeiten und enthält zudem viele Fotos der Veranstaltung. Ihr Fazit: "There had been true believers in the crowd at the event—real, die-hard Trump supporters who had traveled to take part in the show—but there were few among the artists, who seemed more desperate for followers and attention than interested in any form of ideology."

Als „conservative Trojan horse meant to attack the art world and progressive values from within“ beschreibt William Powhida die Ausstellung in seinem wütenden Artikel für hyperallergic.com. Rechts-Aktivist Lucian Wintrich, der die Show organisierte, würde versuchen die liberalen Werte der politisch eher links orientierten Kunstwelt lächerlich zu machen: "He’s not making fun of Trump or his racist bigotry; rather he’s attempting to ridicule the politically correct, progressive values of the left-leaning art world."

Eine andere Ausstellung, die seit ihrer Eröffnung vor wenigen Wochen massive Kritik auf sich gezogen hat, zeigt Arbeiten des amerikanischen Künstlers Kelley Walker. Auf Hyperallergic.com schreibt Damon Davis: "Walker uses KING magazine covers featuring Black women and iconic Civil Rights-era photos in his work. He smears chocolate and toothpaste on the images and rotates them. Some of the titles of his work are 'White Michael Jackson' and 'Black Star Press'." Davis, selbst Afroamerikaner, beschreibt, wie Kelley bei einem Künstlergespräch im Rahmen der Ausstellung keinerlei Antworten hatte auf alle inhaltlichen Fragen, die ihm zu seiner Verwendung jenes aufgeladenen Bildmaterials gestellt wurden. Wütend schreibt er: "It is time for a new standard. People can no longer be allowed to exploit, demean, and disrespect a community and its history. Walker is the epitome of white male privilege, colonizing images of us that are either painful or sexual — both tantalizing to his audience — and then, when confronted, cowering and hiding behind artistic expression and his right as an artist to not be censored."

Inzwischen hat der verantwortliche Kurator Jeffrey Uslip seinen Hut genommen. Über weitere Hintergründe der Kontroverse informiert Lorena Muñoz-Alonso auf news.artnet.com.

Jonathan Jones ist Kunstkritiker beim britischen Guardian und für seine meinungsstarke und wenig diplomatische Art bekannt. Jetzt wurde er in einem Kunstwerk des in England sehr bekannten Künstlers Grayson Perry verewigt – auf dem Entwurf einer Vase prangt ein angebliches Zitat Jones', welches die Arbeit Perrys als "suburban popular culture" abqualifiziert. Anlass genug für den Zitierten, seine Abneigung gegenüber Perrys künstlerischer Arbeit erneut auf den Punkt zu bringen und zu bekräftigen.

Die Diskussion um die Zukunft der Berliner Volksbühne findet kein Ende. Chris Dercon, ehemaliger Chef der Londoner Tate Modern, soll Nachfolger von Noch-Intendant Frank Castorf werden. Nun hat Guillaume Paoli auf der Website von Texte zur Kunst einen interessanten Debattenbeitrag veröffentlicht, in dem er die Merkwürdigkeit und Eigenheit der Volksbühne hervorhebt und als besondere Qualität verteidigt: "Nach meinem Verständnis als korsischer Berlinfranzose ergötzt sich ein kosmopolitischer Mensch an der Vielfalt der Kulturformen, die ihm begegnen. Er weiß, dass Sprache nicht bloß Grammatik und Wortschatz ist, sondern Wahrnehmungsweise. Schätzt das deutschsprachige Theater samt Geschrei und Exzessen nicht obwohl, sondern weil 'typisch deutsch'. Möchte also keine austauschbaren, extra für ihn geschusterten Produkte serviert bekommen."

Dr. Jörg Uwe Neumann war Zahnarzt bevor er seine Praxis aufgab und Direktor der Kunsthalle Rostock wurde. brand eins hat dem ungewöhnlichen Berufsweg Neumanns einen ausführlichen Artikel gewidmet. Tatsächlich scheint ihm vieles geglückt zu sein: Die Schließung der Kunsthalle konnte abgewendet werden, die Besucherzahlen haben sich verdoppelt: "[Sie] wurden sein wichtigstes Argument in den Diskussionen mit der Politik, den Künstlern und den Experten. Mehr Besucher bedeuten mehr Wahrnehmung, mehr Relevanz, und das wiederum hat im Ergebnis mehr Förderung und damit mehr Möglichkeiten zur Folge" - ein weiteres Beispiel für die umstrittene kulturpolitische Gleichung: mehr = besser.