Zum Start der Kunstmesse TEFAF erscheint jedes Jahr eine Report zur Verfassung des globalen Kunstmarkts. Zusammengefasst lässt sich sagen: die Sause geht weiter. 2014 wuchsen die Umsätze auf dem Kunstmarkt um 7 Prozent auf nun 51 Milliarden Euro. Mittlerweile liegt sein Volumen 6,6 Prozent über dem Stand von 2007, dem Jahr vor dem letzten großen Crash. Dabei ist er von einem geradezu unglaublichen Ungleichgewicht geprägt: "So spiegelt der Kunstmarkt die Konzentrationsbewegung der [globalen] Vermögen. Mehr Geld für weniger Kunst, höhere Preise für weniger Künstler. 20 Spitzenkünstler, darunter die Marktführer Andy Warhol, Francis Bacon und Gerhard Richter, stellen mit nur vier Prozent der Transaktionen 42 Prozent des Gesamtwerts im Sektor.", so Matthias Thibaut in der Printausgabe des Handelsblatts von diesem Wochenende.
Wer nun, begeistert von der offensichtlichen Prosperität des Kunstmarkts, selbst anfangen möchte zu sammeln, hat hier gleich zwei Artikel mit praktischen Ratschlägen zur Hand: Auf Hyperallergic.com gibt John Seed Tipps für Einsteiger und Fortgeschrittene und auf Mr.Porter.com hat ein gewisser Ossian Ward eine ganze Reihe nützliche Hinweise zum Thema. Aus Künstler- bzw. Produzentensicht scheinen mir die gegebenen Ratschläge tatsächlich relativ weitsichtig. Würden sich alle Kunstsammler entsprechend verhalten, dann würde der oben besprochene TEFAF-Report sicher deutlich differenzierter ausfallen.
Alle zwei Jahre wird auf Londons Trafalgar Square der „Fourth Plinth“ mit einem neuen Kunstwerk ausgestattet. Nachdem die Ehre im vorletzten Jahr der Bildhauerin Katharina Fritsch zuteil wurde, ist nun Hans Haacke eingeladen worden. Als institutionskritisch arbeitender Künstler alter Schule hat er es sich nehmen lassen das in London besonders stark vertretene Finanzkapital ins Visier zu nehmen. "Das hohe Ross ist bis auf die Knochen abgemagert, ein majestätischer Reiter fehlt, stattdessen baumelt eine LED-Schleife vom Spielbein des Skeletts, über das die Aktienkurse der London Stock Exchange tickern. Ein ironischer Kommentar darauf, wer in der City of London das Sagen hat." So beschreibt Marcus Woeller von der Welt Haackes Beitrag, nicht ohne nachzusetzen: "[…] auch Haackes Kunst war schon mal schärfer [...]".
Man möchte wirklich nicht in der Haut der Jury stecken die regelmäßig den World Press Photo Award vergibt, den Preis für das beste Pressefoto des Jahres. Die Pressefotografie ist wie kaum ein anderer Bereich der Fotografie mit der Vorstellung verknüpft, sie bilde die Realität ab. Dass dies schon immer eine Fiktion war steht außer Frage. Ein gemeinsamer Glaube von Betrachter und Produzent an den Realitätsbezug von Fotografie hat diese Lücke aber lange recht gut geschlossen. Nun scheint sich diese Vorstellung aber mehr und mehr aufzulösen: "Direktor des 'World Press Photo'-Wettbewerbs ist 'geschockt' über massenhafte Bildmanipulation", so lautet die Überschrift eines kurzen Spiegel-Artikels, in dem sich eben jener Direktor darüber beklagt, dass die Menge an eindeutig manipulierten Fotos, die eingereicht wurden, im Vergleich zum letzten Jahr deutlich zugenommen habe: "Wir wissen, dass sich Standards in der Fotografie entwickeln und dass ein Foto immer eine Interpretation der Realität ist, aber Fotojournalismus muss glaubwürdig bleiben."
Auf dem Blog von Frieze d/e hat Dominikus Mueller einen wirklich hervorragend geschriebenen Artikel über die Ausstellung von Max Schmidtlein bei der Galerie Gillmeier Rech, Berlin, veröffentlicht. Die „Detox Plus“ betitelte Ausstellung zeigt Malereien, die Schmidtlein ausschließlich unter der Zuhilfenahme von Produkten der Drogeriekette DM hergestellt hat. "Nicht schon wieder 'zeitgenössische' Malerei, denkt man gleich. Malerei, die alles anders machen will und die es doch wie Sand am Meer gibt; die sich ach so bewusst gibt gegenüber medialen Fragen ebenso wie ihrer Einbettung in die Mechanismen der Zirkulation, online wie offline – und die am Ende vor allem eins ist: eingebettet. Aber vielleicht ist diese Ausstellung ja wirklich anders.", so fragt der Autor gleich zu Beginn seines Artikels. Ohne zu viel verraten zu wollen: seine Vermutung wird sich durchaus bestätigen.
Jerry Saltz, meinungsstarker Kunstkritiker des New York Magazine und Social-Media-Fanatiker, wurde kürzlich von Facebook verbannt. Grund dafür sind wohl seine zahlreichen Posts von historischen Kunstwerken, in denen Sex und Gewalt häufig eine große Rolle spielen. Iris Alanyali hat sich für die Welt mit der Kontroverse beschäftigt und befindet: "Wer Saltz auf seine Polemiken und Social-Media-Spielereien reduziert, verkennt, dass er schon von Berufs wegen ein Pixelprofi ist, der ganz genau weiß, womit er spielt, wenn er mit Bildern und Labeln, mit Öffentlichkeit und Authentizität spielt. Man kann Jerry Saltz vieles vorwerfen, aber ihn auf eine Stufe mit geifernden alten Böcken oder spätpubertierenden Pseudo-Provokateuren im Netz zu stellen, denen Einhalt geboten werden muss, das kann man nicht." Saltz' eigenen Kommentar zur Sache findet man übrigens hier.