Im New Yorker MOMA eröffnete im Dezember die Ausstellung "The Forever Now: Contemporary Painting in an Atemporal World", sicher eine der umstrittensten Ausstellungen des Hauses. Die Show versammele eine Gruppe von siebzehn Künstlern deren größte Gemeinsamkeit ihr aktueller Erfolg auf dem Kunstmarkt sei und die sonst wenig verbinde, so die Kritik der "New York Village Voice", die dies in ihrem Artikel in direkten Zusammenhang mit dem Machthunger des MOMAs sieht: "With this power-hungry museum, one increasingly feels like art and culture are its highest calling only so long as these don't interfere with joining the winning side [...]". "No matter how big MOMA gets, it's a shell of its former self, and this show proves it", lautet das bittere Fazit.

Wer sich für die Exzesse des weiterhin zur Überhitzung neigenden Kunstmarkts interessiert, wird in den vergangenen Monaten fast zwangsläufig über den Namen Stefan Simchowitz gestolpert sein. Dem Kunsthändler wird häufig vorgeworfen, die Karrieren der von ihm protegierten Künstler auf eine wenig nachhaltige Weise extrem zu beschleunigen, um deren günstig erworbenen Arbeiten dann mit maximaler Rendite wieder abzustoßen. Ein wirklich differenziertes, lesenswertes Portrait Simchowitz' in der New York Times hat zum Jahreswechsel für weitere Aufregung gesorgt. Es lässt den Porträtierten wahrlich nicht gut dastehen (anders als dass äußerst gelungene Foto zu Beginn des Artikels). Aufschlussreich in diesem Zusammenhang ist auch Jerry Saltz' Kommentar auf Vulture.com zur ungehalteten Reaktion Simchowitz' auf seine Darstellung in besagtem Artikel.

Fast hätte ich gesagt: "Schluss mit dem Gossip!", gäbe es da nicht noch einen erwähnenswerten Artikel in der Welt (Springer) über den Malerjungstar Christian Rosa. Mehr ein Celebrity- als ein Künstlerportrait von zum Teil gruseliger Banalität, aber dennoch unterhaltsam, nicht nur weil wieder einmal auf Herrn Simchowitz herumgehackt wird.

Für die Idee von "Normcore" hätte Christian Rosa vermutlich wenig übrig. Der Begriff wurde letztes Jahr von der New Yorker Künstlergruppe bzw. Trend Forecasting Agency "K-HOLE" eingeführt und beschreibt eine persönliche Haltung, die eher auf Anschlussfähigkeit setzt und sich weniger durch Abgrenzung definiert: "It’s about adaptability, not exclusivity. [...] Normcore doesn’t want the freedom to become someone. Normcore wants the freedom to be with anyone." Es folgte ein gewaltiges mediales Echo welches mit starken inhaltlichen Verkürzungen einherging, zum Beispiel der Reduktion des Konzepts auf einen reinen Modetrend. Anlässlich der Los Angeles Art Book Fair haben K-HOLE nun die Rezeptionsgeschichte ihres Begriffs untersucht und dabei vor allem die zahlreichen Missverständnisse in den Blick genommen. Ihr pragmatisches Fazit: "In the end, K-HOLE has chosen to accept that normcore no longer belongs to them, but to the public."

Apropos Modetrend: Das Süddeutsche Zeitung Magazin hat ein Fashionshooting mit Anselm Reyle organisiert und ihn anschließend zum Gespräch gebeten. Reyle scheint seine selbst auferlegte Pause vom Kunstbetrieb gut zu bekommen. Das Interview ist kurz, aber erstaunlich aufschlussreich. Themen sind unter anderem sein neuer Arbeitsalltag und die Gründe für seine Ausszeit. Reyles wilde Zeiten sind vorbei: "Am wohlsten fühle ich mich, wenn ich meine Kinder vom Kindergarten abhole und aussehe wie der normalste Mensch der Welt." –  Normcore halt.

Hätte es damals schon die Organisation "Exit Art" gegeben, Anselm Reyle hätte vielleicht schon früher den Absprung geschafft. Hilfe zur Selbsthilfe verspricht "Exit Art" all jenen, die aus dem Kunstbetrieb aussteigen möchten. "[...] Unterliegen Sie Zwängen des Kunstmarkts? Quälen Sie Selbstzweifel? Spüren Sie gesellschaftlichen Druck? Ist ein Leben außerhalb des Kunstbetriebs ein befreiender Gedanke?" Sie haben mehrer Fragen mit Ja beantwortet? Zögern Sie nicht, "schaffen Sie den Durchbruch – durch Abbruch."