Punchline der Woche: Galerist Javier Perés über die Preise der von ihm auf der Art Basel Miami Beach gezeigten Werke der Künstlerin Dorothy Iannone. Zitiert von Kolja Reichert in einem Artikel für die FAZ.

Die Serie des Kunstmagazins Spike über Kinder in der Kunstwelt geht in die nächste Runde. Diesmal geben Lauren Boyle und Marco Roso vom Kollektiv DIS Auskunft über ihr Leben mit Kindern in der New Yorker und Berliner Kunstszene. Sie stellen fest: "Maybe there are more people in the art world with kids than what we think, but no one wants to talk about children. It’s almost taboo. Immediately your commitment to art is in question. The concept of family is almost too much of a convention for the art world."

Einen interessanten Einblick in die Arbeit von Restauratoren, die sich mit den gewagten Materialkombinationen zeitgenössischer Kunstwerke auseinander setzen müssen, gibt ein Artikel im österreichischen Magazin Profil. Darin heißt es: "Seit den 1960er-Jahren werden kunstfremde Materialien verwendet. Oft sind keine Informationen über deren chemische Zusammensetzung überliefert. 'Viele Werkstoffe sind eigentlich nicht als Künstlermaterial entwickelt worden und alles andere als langlebig'" wird die Chefrestauratorin des Wiener Museums moderner Kunst (Mumok), Christina Hierl, zitiert. "'Wir können daher nicht nach einem bestimmten Schema vorgehen.'"

Vermögensverwalter Georg Thilenius warnt im Manager Magazin davor, Kunst als sichere Anlageform zu betrachten. Die gegenwärtigen Höchstpreise für Kunst, gepaart mit besonderen Angeboten von Banken, als Sicherheit für Kredite wiederum Kunstwerke hinterlegen zu können, erscheinen dem Autor als düstere Vorzeichen: "Wenn am Kunstmarkt einmal wie jetzt eine kräftig aufgepumpte Blase platzt, gibt es allerdings keine chinesische, amerikanische oder europäische Zentralbank, die dann die Kurse stützt." Thilenius' Argumentation ist treffend, auch wenn sein unscharfer Umgang mit kunstgeschichtlichen Begriffen verrät, dass er von Kunst selbst wenig Ahnung hat. Das Startup Instapainting.com hat sich darauf spezialisiert, fotografische Vorlagen seiner Kunden in Ölgemälde oder Zeichnungen umzusetzen. Gründer Chris Chen berichtet in einem Blogeintrag über Probleme und Herausforderungen beim Aufbau seines Unternehmens, vor allem jedoch über die chinesische "Malindustrie", die sich größtenteils in der Stadt Dafen angesiedelt hat. Die Dimensionen sind gigantisch: "Today, the roughly 8.000 painters of Dafen power a global industry worth well over $100 million."

Amerikas größte Kunstmesse, die Art Basel Miami Beach, ist vor etwa einer Woche zu Ende gegangen. "Few places welcome difference or innovation less [...]" ist sich Christian Viveros-Faune sicher, der sich in seinem Artikel für ArtnetNews Gedanken über den Zusammenhang zwischen der ungleichen Verteilung von Vermögen und dem Highend-Kunstmarkt macht.

Es scheint für Feuilletonisten und Kunstkritiker unmöglich, sich nicht unbehaglich zu fühlen angesichts einer so extremen und problematischen Mischung aus großem Geld und großer Kunst. Kolja Reichert hat sich für die FAZ ins Getümmel gestürzt und seine ambivalenten Eindrücke in einen lesenswerten Überblick verpackt.

Ein ähnlich kritisches Verhältnis zur Messe pflegt TAZ-Autorin Brigitte Werneburg. Sie schreibt: "Problembewusstsein an Ort und Stelle: Fehlanzeige. Das müsste nun nicht interessieren, wäre die Messe nicht ein Treffpunkt des berühmt-berüchtigten einen Prozents, also der Leute, die global Macht und Einfluss haben. Hier sind sie in Partylaune, geben sich privat – und geben damit auch Einblick in ihr gesellschaftliches Selbstverständnis. Es idiosynkratrisch zu nennen ist das Mindeste."

Wer sich generell etwas ausführlicher mit dem Thema "Kunst und Wirtschaft" auseinander setzen möchte, dem sei Stefan Kobels Presseschau dringend ans Herz gelegt. Jeden Montag Morgen trägt er relevante Artikel zum Thema zusammen und kommentiert sie, wobei sein oft bissiger Humor die Lektüre häufig zu einem echten Vergnügen macht.

Philipp Ruch vom Zentrum für politische Schönheit hat vor wenigen Wochen sein politisches Manifest "Wenn nicht wir, wer dann?" veröffentlicht. Ruch, der durch die radikalen Aktionen seines Bündnisses im letzten Jahr große Bekanntheit erlangt hat (man erinnere sich an die Aktion "Die Toten kommen"), könnte nun viele seiner Sympathisanten verschrecken – das zumindest behauptet Wolfgang Ullrich in seiner Rezension für die Die Zeit. Das Buch sei durchzogen von einem fundamentalen Antimodernismus, der Wissenschaft und Psychologie verteufelt, weil sie den Menschen disqualifiziert und entzaubert hätten. Auch an der Person Ruchs lässt Ullrich kaum ein gutes Haar. Sein Fazit: "[Wenn nicht wir, wer dann?] ist das Manifest von einem, der mit aller Gewalt in die Geschichte eingehen will."

Eine wirklich lesenswerte Besprechung des Buches hat auch Eva Thöne für Spiegel Online verfasst. Sie sieht Ruchs Äußerungen ähnlich kritisch wie Wolfgang Ullrich und unterstellt dem Autor latenten Größenwahn. Seine Aufteilung der Menschheit in Macher und Opfer stößt Thöne übel auf: "[...] Größe entsteht bei Ruch eben nicht im Stillen - etwa daraus, innere Widersprüche auszuhalten, oder aus der Anstrengung, im Konflikt immer wieder abzuwägen, ob man sich gegenüber einem anderen für eine Schuldzuweisung oder für Verständnis entscheidet. Ruch schreibt vielmehr: 'Macher schieben diese Welt an, während Opfer sich anschieben lassen.' Bei der Zweiteilung der Menschheit, die hier anklingt, wird einem unheimlich.“

Zum Schluss ein Hinweis in eigener Sache: Ich habe mit dem Hamburger Künstler Felix Thiele ein Interview über sein Projekt "Exit Art" geführt. "Aufhören, ohne zu scheitern" ist das Motto von Thieles "Selbsthilfe-Organsation", welche vorgeblich Menschen unterstützt, die aus der Kunstwelt aussteigen möchten. Themen des Gesprächs sind unter anderem die Risiken des Künstlerdasein, Selbstausbeutung unter Kreativen und Thieles Umgang mit Menschen, die das Projekt tatsächlich ernst nehmen. Finden kann man es hier.