Das Jahr 2015 ist vorbei, Zeit also für retrospektive Analysen. Theartnewspaper.com hat die Kunstmarktentwicklungen des vergangenen Jahres analysiert, darunter den kommerziellen Absturz des "Zombie-Formalismus" und die Auswirkungen der Schwäche der chinesischen Wirtschaft.

Eine Frage überschattet jedoch alle anderen: hat der Kunstmarkt seinen Zenit überschritten? Autorin Georgina Adam sieht keine Anzeichen einer ernsthaften Krise, gibt jedoch zu bedenken: "[...] with a rise in interest rates on the horizon, chaos in the Middle East, political unrest in many countries and a cooling Chinese economy, it is hardly surprising that the art market, finally, has started cooling as well."

Einen weiteren Rückblick auf das vergangene Auktionsjahr hat Swantje Karich für Die Welt verfasst. Die Perspektive ist finster, Karich sieht vor allem Zocker und Kriminelle am Werk. Die Lektüre lohnt sich, analysiert die Autorin doch kurz und prägnant wichtige Trends, wie zum Beispiel die hohen Garantiesummen für Einlieferer und das boomende Geschäft mit Krediten, die mit Kunstwerken abgesichert werden. Weitere Themen sind Geldwäsche durch Kunstkäufe und die Lage auf dem deutschen Auktionsmarkt.

Hopesandfears.com hat drei anonyme Interviews mit sogenannten "Art Handlers" gefühlt, mit Menschen also, die beruflich Kunst in Museen, Galerien, aber auch in Privathäusern und Firmen installieren. Die Auskünfte der drei erlauben einige interessante Blicke hinter die Kulissen des (amerikanischen) Kunstbetriebs. Dass es von dort nicht nur Schönes zu berichten gibt, versteht sich von selbst. Vor allem Art Handler "Jeff" lässt immer wieder durchblicken was er von der Kunstwelt hält: "I try to avoid the gallery world. It’s kind of a shitty culture. Freelance art handling is intrinsically racist, sexist and classist. There’s always a bit of a 'check your privilege' moment. […] This may be really far afield, but it’s such a fashionable, elitist world that if you had visibly working class people in your gallery it would declass the space. You’re getting paid a premium because you’re human decoration."

Seit einiger Zeit beschäftigt ein interessanter Copyright-Fall die amerikanische Justiz: Das "Affen-Selfie" Der Fotograf David Slater gab im Jahr 2011 einer Gruppe von Makaken seine Kamera und vermarktete die so entstandenen Selbstporträts als "Affen-Selfies". Wikimedia Commons stellte das Bild online als "Open Content" und begründete dies mit der Tatsache dass die Aufnahme nicht von Slater selbst stamme und er somit auch nicht über die Bildrechte verfügen könne. Die Tierrechtsorganisation PETA klagte dann im vergangenen Jahr darauf, dem Affen selbst die Bildrechte zuzugestehen und damit auch alle Einnahmen, die mit dem Bild erzielt werden. Hyperallergic berichtet nun: "In the drawn-out case’s latest development, a California judge ruled Wednesday [06.01.16] that the monkey, after all, does not own photo copyright to the selfies. The ruling determined that federal copyright law does not allow animals to claim copyright protection." Der Artikel enthält viele weitere interessante Details zu diesem kontroversen Rechtsstreit.

Mitte Dezember eröffnete das Centre Pompidou in Paris eine mächtige Retrospektive des deutschen Künstlers Anselm Kiefer. Andreas Beyer nimmt diese zum Anlass, sich in der Zeit Gedanken über das Verhältnis des Großkünstlers zu seiner Wahlheimat Frankreich zu machen und auch dessen schwieriges Verhältnis zur deutschen Kunstkritik zu beleuchten. Auf Kiefers umstrittenen Biennale-Auftritt von 1980 Bezug nehmend schreibt er: "Dessen großformatige Gemälde [...] riefen damals erhebliches Unbehagen hervor, zumal bei der deutschen Kritik. Das allerdings weniger, weil Kiefer in offenen Geschichtswunden gebohrt hätte. Vielmehr schienen vielen die Formate und Sujets, unter der Maske der Provokation, auf fatale Weise der ästhetischen Bilderwelt des 'Dritten Reiches' fasziniert zu erliegen. Es ist nicht die Angst, in einen vom Künstler vorgehaltenen Spiegel zu blicken, die hierzulande viele Kritiker zweifeln lässt. Viel eher befragen sie Kiefers ästhetische Aufrichtigkeit oder empfinden Überdruss an dessen oft zwischen Pathos und Kitsch changierenden Objekten. Das aber blenden die Franzosen oft aus. Suggeriert wird, dass die deutsche Öffentlichkeit mit der Zurückweisung Kiefers einmal mehr ihre Unfähigkeit zu trauern beweise." Beyers Artikel analysiert die politische und künstlerische Kontroverse um Kiefer auf treffende Art, auch wenn manche Schlüsse des Autors durchaus kontrovers erscheinen, so zum Beispiel dessen Vermutung, die französische Begeisterung für Kiefers "Trauerarbeit" sei möglicherweise der verschleppten Aufarbeitung der Rolle Frankreichs während der Nazi-Zeit geschuldet.