Aus einem Artikel der Zeit vom 24.08.2016.
Künstlerin Anette Weisser macht sich in der Zeit Gedanken über die veränderte Rezeption des Modells "gescheiterter Künstler". Der Spitzweg'sche "Arme Poet“ habe seinen romantischen Zauber eingebüßt; "the beautiful loser" habe in der gegenwärtigen Leistunsggesellschaft keinen Platz mehr: "'Scheitern'" als Thema ist okay, solange es um das Scheitern der anderen, weniger Begabten, Fleißigen, Disziplinierten, Angepassten, der weniger gut Vernetzen oder weniger Gutaussehenden geht. […] Dem existenziellen Scheitern jedoch wohnt kein Zauber mehr inne, es markiert kein neues kulturelles oder politisches Terrain, es ist keine Passage mehr in eine andere Welt, oder wenigstens in einen anderen Markt.“
Selbstverwirklichung und Kreativität sind zwei Begriffe, mit denen künstlerische Arbeit gegenwärtig charakterisiert wird. Beide scheinen gleichzeitig Schlüsselbegriffe einer Diskussion zu sein, die sich um die Möglichkeit eines glücklichen, gelungenen Lebens dreht. Astrid Hansen und Max Rauner haben für das Magazin Zeit Wissen den aktuellen Stand der Diskussion um Lebensglück und Selbstentfaltung zusammengefasst und haben dabei der problematischen Bedeutung des Kreativität als Befreiung und Zwang gleichermaßen besondere Aufmerksamkeit geschenkt: "Der selbstbestimmte Kreative, der im Flow seine Ideen verwirklicht, wurde zum Gegenentwurf des spießigen Angestellten, der um fünf Uhr nachmittags die Stechuhr ansteuert. Kreativ sein hieß Mensch sein. Aber dann kaperte die neoliberale Ideologie das Projekt, und damit begann das Missverständnis. […] Kreativ sein diente nun nicht mehr nur dem privaten Glück, sondern auch der Innovationskraft des Arbeitgebers. So geht das bis heute. Der Angestellte soll sich permanent neu erfinden. Die freie Mitarbeiterin sowieso."
Lisa Cooley, Leiterin der gleichnamigen Galerie auf der New Yorker Lower East Side, hat vor wenigen Tagen verkündet, eben jene schließen zu wollen. Mit artnews.com hat sie ausführlich über die Gründe gesprochen. Einer sei die Globalisierung des Kunstmarks mit seinem Messezirkus und seinem Überangebot an Möglichkeiten. Cooley wörtlich: "'In that situation, art becomes – I’ve heard it time and again from collectors – it all becomes confusing. It’s the classic story of too much choice. And it starts to feel not fun.' Art-fair exhaustion, she added, 'is a real thing. You have to create a sense of urgency and the sense that one is missing out. That is the only way to get attention. And that is soul crushing.'"
Das New York Magazine hat ein ausführliches Feature über die Performancekünstlerin Vanessa Beecroft veröffentlicht. Der Artikel beschreibt ihren gesamten Werdegang, von ihrer verkorksten Kindheit bis zu ihrer gegenwärtigen Zusammenarbeit mit Kanye West.
Das Emirat Katar ist bekanntermaßen eines der reichsten Länder der Welt, jedoch extrem abhängig von seinen Ölexporten. Vor einigen Jahren wurde massiv in den Kulturbereich des Landes investiert, ambitionierte Kunstmuseen inklusive, doch der jüngste, drastische Verfall des Ölpreises durchkreuzte die Pläne des Königshauses. Das Magazin Quartz hat nun einen interessanten und ausführlichen Bericht über den steilen Aufstieg des Landes in der Kunstwelt und dessen plötzlichen Absturz veröffentlicht.
Von all den beschriebenen Problemen ist allerdings nichts zu spüren in einem Interview, welches Zeit-Kritiker Hanno Rauterberg mit Scheicha al-Majassa geführt hat, der Direktorin aller Museen in Dakar. Dennoch kommen einige unangenehme Themen zur Sprache, beispielsweise die schlechte Situation der Wanderarbeiter im Land.
In Berlin hat die regierende SPD zum Empfang geladen – und zwar ins Atelier von Großkünstler Olafur Eliasson. Anlass genug für Cara Wuchold, sich für die Wochenzeitung Der Freitag Gedanken über die Wandlung des Stadtimages zu machen. Thema des Abends sei nämlich die Kultur in Berlin gewesen, die laut Bürgermeister Müller einer herausragende Bedeutung für die Stadt habe. Das Image von Berlin als "arm, aber sexy“ habe sich, so die Autorin, jedoch längst verflüchtigt. Sie lässt auch sonst wenig gutes an den Aussagen Müllers. Sie kritisiert außerdem: "Dass Kulturstaatssekretär Tim Renner im Anschluss gerade mit Ólafur Elíasson und Monica Bonvicini – zwei Topverdienern der Kunstszene – über Kulturräume diskutierte, zeigte, wie satt ein Teil der Kulturschaffenden inzwischen ist. Die Not derjenigen, die sich die Mieten für Gewerberäume und Wohnungen bereits nicht mehr leisten können, wurde unter solchen Erfolgsgeschichten erstickt.“