Spike-Redaktuer Timo Feldhaus in seiner Kolumne "People" vom 16.02.2016.

Ryan Steadman wundert sich im Observer über die scheinbare Einfallslosigkeit vieler junger, kommerziell erfolgreicher Künstler. In einem ausführlichen Artikel beschreibt er, wie stark Arbeiten von Malerstar Christian Rosa Gemälden von Joan Miro glichen und führt einige weitere Beispiele ähnlicher Art an, um zu deutlich zu machen, wie schamlos seiner Meinung nach ein Teil der jüngeren Generation die Stile und ästhetischen Strategien berühmter Kollegen kopiert. Etwas resigniert bemerkt er: "Perhaps it’s possible that at a certain point in history — in fact quite recently — young painters decided to cease the now age-old quest for art historical significance and instead focus on the simple pleasures of decorating well for a living?"

Künstler Ai Weiwei hat eine weitere Welle der Empörung ausgelöst: Während einer Benefiz-Gala zugunsten syrischer Flüchtlinge in Berlin bat er alle Anwesenden, sich in Wärmedecken einzuhüllen, was als Zeichen der Solidarität mit den Betroffenen verstanden werden sollte. Die Fotos von reichen Gala-Gästen in gold schimmernden Notfalldecken stießen vielen übel auf.

Matthias Planitzer beschäftigt sich auf Castor und Pollux mit Weiweis Doppelrolle - nämlich Künstler zu sein und gleichzeitig politischer Aktivist: "Während Pussy Riot und Konsorten es fernab der Heimat geschafft haben, sich in Milde zu üben und schnell zu integrieren, weil ihre Mission monothematisch war, bleibt Ai Weiwei auch im Ausland beharrlicher Idealist und legt auch weiterhin den Finger auf immer neue Wunden. Dabei kommt zwar nur selten gute Kunst herum, aber die Botschaft, so plump sie auch daherkommt, sie kommt an – nicht etwa nur am Rande, sondern inmitten der Zivilisation."

Es gibt einen neuen deutschsprachigen Blog, der sich der Kunst- und Kulturkritik verschrieben hat: Der Zustand. "Der Zustand ist ein Versuch der Analyse, des Verständnisses und der Kritik aktueller künstlerischer wie kultureller Praxis", schreibt Hauptautor Roy Huschenbeth im Editorial. "Kunstkritik ist Gesellschaftskritik. Dabei darf nicht vergessen werden: möglicherweise ist man selbst Teil des Problems, nicht der Lösung." Der Start geriet vielversprechend, auch wenn der Stil insgesamt etwas weniger akademisch sein könnte.

Annika Bender, laut Spike "Die wichtigste deutschsprachige Kunstkritikerin des Jahres 2014", hat auf einem Symposium in der Kunsthalle Bern einen Vortrag über ihren eigenen "Tod" gehalten, der nun leicht gekürzt im Merkur erschienen ist. Bender war ein Pseudonym der Künstler Dominic Osterried und Steffen Zillig, welche unter diesem vor allem für den inzwischen eingestellten Donnerstag-Blog publizierten (auf dem Zillig und ich übrigens auch den Vorgänger dieser Presseschau betrieben). Der Artikel beschreibt die Strategien der Kritik, die dem Blog zugrunde lagen, und erklärt das Experiment "Donnerstag" schließlich für gescheitert. Anonymität als Grundlage von freier Kritik sei im Kunstbereich keine wirksame Strategie; statt dessen rät die Autorin: "Fangt endlich an, Euch als öffentliche Akteure zu begreifen, deren erkennbare und offen ausgetragene Differenzen lebensnotwendig sind für das, was man früher einmal das Gespräch über die Kunst genannt hat: den Diskurs."

Das Magazin der Süddeutschen Zeitung hat ein Interview mit dem "Kriegskünstler" Michael D. Fay geführt, der neun Jahre lang für die US Armee im Einsatz war, unter anderem in Afghanistan und im Irak. Es sei nie darum gegangen, ein idealisiertes Bild des Krieges zu schaffen, so Fay, der die Geschehnisse um ihn herum fast ausschließlich zeichnend festhielt.