Zitat von Ksenia M. Soboleva aus ihrem Text mit dem Titel „Why I Did Not See the Picasso Show at the Tate Modern“, veröffentlicht auf Hyperallergic.com am 29.08.2018.

Warum sie sich dagegen den Besuch einer Picasso-Ausstellung im Londoner Museum Tate Modern entschied, beschreibt Ksenia M. Soboleva in einem Artikel für hyperallergic.com. Picasso sei Tyrann gewesen, unter dem vor allem die Frauen in seinem Leben schwer gelitten hätten, so die Autorin. Die Objektivierung von Frauen sei ein fester Bestandteil auch seiner künstlerischen Arbeit. Dennoch sei sein missbräuchliches Verhalten lange romantisiert worden als exzentrischer Ausdruck seines Genies. Das müsse aufhören, so die Autorin: "I have no doubt that the Picasso exhibition was rich with art historical material, and I am by no means saying that we should erase Picasso from the history of art. But let’s stop the glorification and consider the consequences of blindly upholding certain artists on the high pedestal of art history and hanging on to the outdated notion of 'genius.' It is inappropriate to dedicate so much glorified fanfare to a man who, if he were still alive, would find himself on the same list as Harvey Weinstein and Woody Allen."

Gibt Sobolevas Artikel bereits einen kurzen Eindruck davon, wie frauenfeindlich Picassos Verhalten gewesen sein muss, so lässt einen jenes Interview das Blut in den Adern gefrieren, welches die Süddeutsche Zeitung mit der Malerin Françoise Gilot bereits im Jahr 2012 geführt hat. Gilot lebte zehn Jahre mit Picasso zusammen, bevor sie ihn verließ. Im Interview mit Malte Herwig beschreibt sie ihn als extrem besitzergreifenden Menschen und untermauert dies mit zahlreichen Anekdoten. Dennoch bereue sie ihre Zeit mit Picasso nicht: "[Es ist] viel interessanter, mit einem besonderen Menschen etwas Tragisches zu erleben, als ein wunderbares Leben mit einer mittelmäßigen Person zu führen. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass man seinen Frieden mit einem durchschnittlichen Menschen finden kann. Dieser Mensch wird dich auch zerstören, er wird nur mehr Zeit dafür brauchen."

In eine ähnliche Kerbe wie Ksenia M. Soboleva schlägt Zachary Small, ebenfalls in einem Artikel für hyperallergic.com. Anlässlich einer Retrospektive des Künstlers Giacometti im New Yorker Guggenheim Museum spekuliert der Autor über dessen "chauvinistische" Haltung; er würde Frauen in seiner Kunst "zum Verschwinden bringen". Dabei scheint er allein die Ästhetik der Gemälde und Skulpturen des Künstlers als Interpretationsgrundlage heranzuziehen. Leider wirkt Smalls insgesamt sehr kurzer Text wie eine Aneinanderreihung von Unterstellungen, schlüssige Herleitungen für seine Thesen sucht man vergeblich.

Eine goldene, überlebensgroße Statue des Türkischen Präsidenten Erdoğan wurde als Teil der Wiesbaden-Biennale auf dem dortigen Platz der Deutschen Einheit aufgestellt. Doch knapp 24 Stunden später wurde sie wieder entfernt – von ihr gehe eine potentielle Gefahr für die öffentliche Sicherheit aus. Brigitte Werneburg kritisiert in ihrem Kommentar für die TAZ die Aufstellung der Figur als leicht zu durchschauenden PR-Trick: "Von diesem Aufruhr, dem Aufgebot von Polizei und Feuerwehr – was gibt das nur für schöne Bilder! –, weiß das Kultur­esta­blish­ment, wird sein Festival profitieren. Damit erfährt es die mediale Aufmerksamkeit, die kein einziges Theaterstück während der gesamten Bien­nale generieren wird. Applaus! für eine dieser ewig gleichen Provinzpossen, deren man so überdrüssig ist."

"[...] the art world is suddenly waking up to the creative and market potential of AI [künstliche Intelligenz]-generated art"- so lautet die These eines Artikels auf news.artnet.com. Als Beleg dafür dient Autorin Naomi Rea unter anderem die Ausstellung "Gradient Descent" in der indischen Galerie Nature Morte, welche ausschließlich computergenerierte Arbeiten zeige, die in Kooperation zwischen Künstler*Innen und AI entstanden seien. Galeriedirektorin Aparajita Jain sei von der großen Bedeutung der Technologie für die Kunst fest überzeugt, so die Autorin: "Jain sees AI becoming a new tool for artists—one with its own creative component, similar to a creative collaborator. In fact, she compares AI’s rise to the advent of photography and video, which created permanent changes in the way artists worked. She believes the technology should be taught at art school." Was hier genau unter Künstlicher Intelligenz verstanden wird und worin deren Bedeutung für die Kunst liegen soll bleibt leider schleierhaft.

Einen deutlich tieferen Einblick in die Materie erhält man in einem Zeitungsbeitrag, welchen der Kurator Hans Ulrich Obrist für die NZZ verfasst hat. "Seit geraumer Zeit" bemühe er sich darum, Wissenschaftler und Experten aus dem Bereich der KI mit Künstlern zu vernetzen. Seine dadurch gewonnenen Erkenntnisse präsentiert er nun in eben jenem Artikel.

Der Film „Werk ohne Autor“ des Regisseurs Florian Henckel von Donnersmarck wurde kürzlich als deutscher Beitrag für die Oskars in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ ausgewählt. Der Plot lehnt sich an die Lebensgeschichte des Künstlers Gerhard Richter an. Hier geht es zum Trailer.

Der Düsseldorfer Maler Leon Löwentraut geistert seit einiger Zeit durch die deutsche Medienlandschaft, nun hat er es sogar in die Talkshow von Markus Lanz geschafft. "Der 20-jährige Leon Löwentraut gilt als eines der größten Talente der deutschen Kunstszene," so die Einschätzung des ZDF bzw. der verantwortlichen Redakteur*Innen. In der Mediathek des Senders kann man die Produktion noch bis zum 21.09. ansehen, ab Minute 53:50 beginnt der Auftritt Löwentrauts. Amüsant und erschreckend ist das in vielerlei Hinsicht. Löwentraut kann man dabei keinen großen Vorwurf machen, dem ZDF allerdings schon, wie Patrick Alt in seinem offenen Brief auf reflektor-m.de bemerkt: "[...] durch die Art und Weise der Berichterstattung entsteht für ein breites Publikum ein vollkommen verzerrtes und auf Irrtum etabliertes Bild von zeitgenössischer Kunst in Deutschland. Nur dass kein Missverständnis entsteht, natürlich kann man darüber berichten, wie ein junger Mann einen derartigen Hype erfährt, aber warum lässt sich das nicht kritischer und vor allem ohne den unaufgeklärten Subtext des Moderierenden im Rahmen so einer Show darstellen?"

Es zeigt sich am Beispiel Löwentraut auch, dass es unterschiedliche Kunstmärkte mit unterschiedlichen Wertschöpfungsmechanismen gibt, welche parallel existieren, was manch einem Angehörigen des „etablierten Kunstbetriebs“ schwer vorstellbar erscheint. Löwentraut selbst scheint diese Tatsache ebenfalls nicht zur Kenntnis zu nehmen, zeigt er sich doch überzeugt, bis zum Ende seines dreißigsten Lebensjahrs mit seiner Kunst im MoMA vertreten zu sein.