Zitat der Woche: Ai Weiwei über sein Verhältnis zu seiner eigenen künstlerischen Produktion. Geäußert im Interview mit dem Tagesspiegel, 19.09.2018
Das Düsseldorfer Ausstellungshaus NRW-Forum stand in den vergangenen Wochen stark in der Kritik – die vor knapp Wochen eröffnete Ausstellung "Im Zweifel für den Zweifel. Die große Weltverschwörung" sei fast ausschließlich mit Männern weißer Hautfarbe besetzt, Frauen und Minderheiten seien völlig unterrepräsentiert, so lauteten die Vorwürfe, welche zunächst vor allem in den sozialen Medien geäußert wurden. Die grundlegenden Positionen der Debatte hat Almuth Spiegler für Die Presse zusammengefasst.
Inzwischen hat sich einer der beiden Kuratoren der Ausstellung, Florian Waldvogel, mit einem Text auf seiner Facebook-Seite zu Wort gemeldet, welchen man hier nachlesen kann.
Die forsche Selbstverteidigung Waldvogels erzeugte neue Empörung. Inzwischen wurde ein offener Brief aufgesetzt, welchen bisher mehr als 1000 Menschen unterschrieben haben. Zahlreiche Artikel sind inzwischen zum Streit erschienen, eine Linkliste kann man hier finden.
Der Inhalt der Ausstellung war hingegen bisher kaum Thema in der Presse. Wer sich dafür interessiert, dem sei die Ausstellungsbesprechung von Oliver Jungen ans Herz gelegt, welche er für die FAZ verfasst hat.
Zeit Online hat ein Interview mit Terry Gilliam geführt, einem der Gründungsmitglieder der Comedytruppe Monty Python. Hauptthema sind die zahlreichen Widersprüche zwischen humoristischer Freiheit und political correctness. Kunst und Humor ähneln sich in vielerlei Hinsicht, vor allem in Bezug auf ihre gesellschaftlich akzeptierte „Übertretungsfunktion“, die im Gespräch formulierten Thesen lassen sich also leicht auf den Kunstbereich übertragen. Gilliam beklagt eine zunehmende Dünnhäutigkeit, Menschen seien viel leichter beleidigt als zu Beginn seiner Karriere. Das schränke die Comedy ein. "Wenn man einen Witz macht, kann es sein, dass jemand beleidigt ist, obwohl das gar nicht die Absicht war. Sollte man deswegen keine Witze mehr machen dürfen? Ich finde nicht! Comedy ist ein wichtiger Teil des Lebens, einer der gesündesten." Die im späteren Gesprächsverlauf gestellte Frage, ob es ihm nicht zu Denken gäbe, dass Rechtspopulisten ähnliche Argumente wie er auffahren würden, um das Konzept der political correctness zu kritisieren, beantwortet Gilliam folgendermaßen: "Nur weil die Rechten das sagen, heißt es nicht, dass ich es nicht auch sagen kann. Ich denke so und bin alles andere als rechts. Inzwischen frage ich mich, ob man ihnen nicht in die Hände spielt, wenn man es mit der Political Correctness übertreibt. Es gibt einen großen Unterschied zwischen Humor und Hass. Wenn Leute beides nicht unterscheiden können, begeben wir uns auf gefährliches Terrain. Die beste Comedy basiert auf Ehrlichkeit und Wahrheit, politische Korrektheit tut es zu oft nicht. Ich würde gern mehr Provokateure auf der Linken und in der Mitte sehen. Auf der Rechten gibt's ja schon genug."
Barbara Nolte hat den Künstler und Aktivisten Ai Weiwei für den Berliner Tagesspiegel interviewt. Er selbst steht seiner künstlerischen Arbeit eher indifferent gegenüber - "gefallen" oder "nicht gefallen" seien keine Kategorien, in denen er denken würde, so Weiwei: "Meine Berufsauffassung ähnelt der eines Bauern. Der beurteilt auch nicht jede seiner Kartoffeln danach, wie er sie findet." Aus eigenem Antrieb zeige er seine Arbeiten nicht; wenn es keine Anfragen mehr geben würde, würde er eben keine Ausstellungen mehr machen. Im weiteren Gesprächsverlauf spricht ihn Nolte auf das Selfie an, welches die AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel mit ihm geschossen und dann auf Twitter veröffentlicht hat. Auf die Frage, warum er mit ihr posiert habe, antwortet Weiwei: "Ich halte die Positionen der AfD durchaus für gefährlich. Doch Meinungsfreiheit ist mein Thema. Die Bereitschaft, miteinander zu reden, ist die Voraussetzung für politische Prozesse. Gerade die Linke hat den Hang, sich ihren Gegnern moralisch so überlegen zu fühlen, dass sie es nicht für wert befindet, mit ihnen zu sprechen. Diese Arroganz kostet sie viel Zustimmung."
Takashi Murakami gehört zu den kommerziell erfolgreichsten Künstlern weltweit. Anlässlich seiner großen Ausstellung in der Hongkonger Niederlassung der Galerie Gagosian sprach er mit der South China Morning Post über seine künstlerische Arbeit und seine regelmäßigen Ausflüge in die Mode- und Musikindustrie. Dabei scheint er dem Druck nicht immer voll gewachsen zu sein. Fionnuala McHugh, die Autorin des Artikels, zitiert ihn mit folgenden Worten: "'I can get the big project, big money, but every month I’m …' – he clutches his throat – '… kind of choking.'" Er sehne sich nach seiner Jugend, als er 20 gewesen sei, so Murakami. "'I’m still living a dream then. That is a great thing.' And now? 'No dream. Reality.'"
Helge Achenbach, ehemals erfolgreicher Kunstberater, wurde wegen Betrugs zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Seit einigen Monaten ist er wieder auf freiem Fuß. Inzwischen reüssierte Achenbach nicht nur als Maler, er unterstützt auch politisch verfolgte Künstlerinnen und Künstler mit einer eigenen Stiftung. Nun war er vor wenigen Tagen in der Fernseh-Talkshow von Markus Lanz zu Besuch. Die Aufzeichnung kann man sich hier auf Youtube anschauen. Achenbach erzählt witzig und eloquent die Geschichte seines Aufstiegs und Absturzes und hat außerdem noch einige kuriose Anekdoten aus seiner Beraterzeit in petto. Leider entsteht hier wieder das klischeehafte Bild einer zeitgenössischen Kunst, welche vor allem wegen ihrer unglaublichen Preise von öffentlichem Interesse ist.