„Warum eigentlich Zähne?“ - das ist eine der Fragen, die mir in den letzten Jahren am Häufigsten zu meiner Arbeit gestellt wurden. Seit etwa 2019 dominieren Zähne als Motiv meine Bilder , und meine Faszination dafür scheint noch lange nicht am Ende zu sein.

Nachdem mir meine Begeisterung für dieses Motiv das erste Mal aufgefallen ist, habe ich mich 2020 dazu entschlossen, mich ganz bewusst auf dieses Universum zu beschränken.
Die Entscheidung dafür habe ich in einer extrem stressigen Phase meines Lebens getroffen und sie diente auch dazu, ganz pragmatisch die Komplexität meiner künstlerischen Praxis zu reduzieren. Es war eine sehr intuitive Entscheidung, und ich konnte damals nur wenige Gründe nennen, warum ausgerechnet diese Bildwelt nun mein neues künstlerisches Zuhause sein sollte.
Im Nachhinein betrachtet war die Anerkennung der Willkürlichkeit, die dieser Entscheidung zugrunde lag, ein wichtiger Schritt in meiner künstlerischen Entwicklung und auch ein Grund für meine anhaltende Faszination mit diesem Bild-Kosmos: Ich lerne stetig neue Aspekte kennen und verstehe immer besser, welche formalen und inhaltlichen Potentiale darin liegen. Dieser Prozess hat mir geholfen, Nicht-Wissen als Chance und nicht als Problem zu sehen.

Was mich an Zähnen am meisten interessiert: Tatsächlich sind es die computergenerierte Darstellungen von Zähnen, die mich faszinieren, ihre Künstlichkeit und unnatürliche Perfektion. Für mich symbolisiert der (menschliche) Körper in meinen Bildern Widerstand, Trägheit, Imperfektion – und somit das Gegenteil von digitaler Ästhetik.
Digitale Bilder beschäftigen mich schon lange, weil sie körperlose Bilder sind, die sich beliebig in der Welt materialisieren können: Als Projektion, präsentiert auf einem Monitor, gedruckt auf Papier, oder auf jedes andere Material. Ich versuche mit meinen Arbeiten digitalen Bildern einen Körper zu geben, eine spezifische Form, die nur voll erfahrbar ist, wenn man vor dem tatsächlichen Objekt steht. Die sprichwörtliche Seelenlosigkeit, die digitalen Bildern oft unterstellt wird, und die ich ebenfalls häufig empfinde, resultiert meiner Meinung nach aus eben dieser Körperlosigkeit. Für mich ergibt es Sinn, dieses Spannungsverhältnis eben auch motivisch aufzugreifen.

Zähne sind darüber hinaus ein existenziell aufgeladenes Objekt - sie dienen einerseits der Lebenserhaltung als Hilfsmittel zur Nahrungsaufnahme, andererseits können sie auch als potentiell tödliche Waffe verwendet werden. Diese Ambivalenz gefällt mir sehr.

Auch interessant finde ich die widersprüchlichen Gefühle, welche die von mir verwendeten Zahn-Bilder bei mir hervorrufen. Einerseits bin ich fasziniert von der Makellosigkeit und Schönheit der computergenerierten Zähne, anderseits aber auch beunruhigt oder sogar abgestoßen von der impliziten bzw. auch expliziten Gewalt, die in diesen Darstellungen steckt. Manche rufen sogar ein Gefühl von körperlichem Schmerz hervor. Für mich ist dies ein schöner Kontrast zu der absoluten Glätte und Perfektion, welche für mich das Wesen dieser 3D-Animationen ausmachen.

Ebenfalls schön am Motiv der Zähne ist, dass ich in meinen Arbeiten mit den Größenverhältnissen spielen kann, weil jeder eine ziemlich genaue Vorstellung von den Dimensionen eines Gebisses hat. Die Zähne (oder auch Bohrer, Spangen, etc) funktionieren wie ein Maßstab, zu dem ich die Umgebungen in meinen Bildern in Relation setzen kann. Meine Hauptmotive sind meistens monumental groß im Verhältnis zu ihrer Umgebung und wirken so grotesk und oft auch aufdringlich.

Außerdem muss ich zugeben, dass es mir auch schlicht ein Bedürfnis ist, Leuten mit meiner künstlerischen Arbeit ein bisschen auf die Nerven zu gehen, und dafür eignen sich Zähne natürlich ganz hervorragend.